Über die Künstlerin


„Aufgetischt und Wirklichkeit“

Von Margit Dörr Erschienen am 18.06.2019 um 00:00 Uhr

Bilder von Sylvia Catharina Hess und Skulpturen von Ramona Schütte werden auf Einladung des Vereins Glockwerks Lichte Kunstprojekte in der Schmiede Wettig präsentiert.

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Eckhard Meier-Wölfle

Eröffnungsrede zur Ausstellung „Aufgetischt und Wirklichkeit“ in der Schmiede Wettig, Nieder-Olm, Kunstverein Glockwerks Lichte Kunstprojekte

In einer Schmiede auszustellen oder sich eine Ausstellung anzusehen hat etwas Besonderes. Ein Raum eines uralten Handwerkes, welches es heute noch in etwas abgewandelter Form der Metallverarbeitung gibt. In unserem Sprachgebrauch hat sich dieses Handwerk bis heute erhalten: „Pläne schmieden“, „ein heißes Eisen anfassen“ oder „das Eisen schmieden so lange es heiß ist“. Wir Menschen schmieden Metall, Eisen, Bronze und Kupfer schon seit mehr als 4000 Jahren. Wofür man Metall brauchte und heute noch braucht liegt auf der Hand – um zu arbeiten oder sich zu verteidigen und vieles mehr.

Älter als dieses Handwerk ist die Malerei. So kennen wir die großartigen Höhlenmalereien von Lascaux oder Altamira oder die der El-Castillo-Höhle, die vor 40000 Jahren entstanden und vermutlich spirituellen Zwecken oder einfach der Informationsvermittlung dienten. Eine Erkenntnis des Menschen, dass nicht nur Arbeit und Überlebenskampf im Leben zählt. Die Motive der Höhlenmalerei waren überwiegend Tiere.

Genauso alt wie die Malerei ist die Skulptur. Die älteste gefundene plastische Arbeit ist ebenfalls 40000 Jahre alt. Die „Venus vom Hohlen Fels“ auf der Schwäbischen Alp ist zwar nur 4 cm groß – aber nicht minder beeindruckend.

Sehr verehrte Damen und Herren, wir bewegen uns also heute hier nicht nur innerhalb uralter menschlicher Aktivitäten des Handwerks und der Kunst, sondern auch bei der Motivwahl so traditionell, wie es für einen Menschen möglich ist – Mensch und Tier – ein paar wenige Stillleben bestätigen die Ausnahme der Regel.

Die „Glockwerker“ schmiedeten nun den Plan einer Ausstellung mit dem Titel „Aufgetischt“, mit deren Ausführung sie die beiden Künstlerinnen Ramona Schütte und Sylvia Catharina Hess beauftragten. Aufgetischt, das heißt einerseits eine Tafel, die sich durchbiegt, und wird meist mit dem Wort großartig verbunden. Große Feiern mit Gästen – man zeigt, was man hat. Aufgetischt kann auch gemütlich familiär sein – jedenfalls mit Liebe und Überlegung.

Anderseits benutzen wir „Aufgetischt“ mit etwas, das wir schlucken sollen, was uns vielleicht nicht passt - eine Geschichte von Lüge oder Wahrheit, vielleicht übertrieben und sogar oft negativ behaftet. Oder jemand möchte einem einen Bären aufbinden.

(...)

Fällt in einem plastischen Werk zumeist die Form ins Auge, so ist dies bei der Malerei die Farbe. Sylvia Catharine Hess’ Arbeiten bestechen durch eine helle Freundlichkeit – zarte Farben überwiegen. Die Bildkomposition strahlt Ruhe aus. Weder Diagonale noch starke Anschnitte, weder kontrastierende Farbe oder Hell-Dunkel-Unterschiede dynamisieren. Alles in sich ruhend.

Zu dem Thema „Aufgetischt“ hat sich die Künstlerin mit Stillleben genähert. Hierzu gibt sie uns ein eigens dafür erstelltes Infoblatt an die Hand.

Widmen wir uns den anderen Kunstwerken, deren Motive handeln vom Menschen. Meist sind es intime, im Sinne von unbeobachtet, Bilder flüchtiger Alltagsmomente oder flüchtige Traummomente. Aber hierin steckt mehr als nur ein banaler Moment. Jedes Bild könnte einem anderen Roman oder einer Geschichte entsprungen sein. Die Geschichte kennen wir nicht – aber es ist der Moment der kurzen Glückseligkeit. Das Herz macht einen kleinen Hüpfer. Sylvia Catarina Hess lässt uns an dieser kleinen Glückssekunde teilhaben. Glück ist ein scheues Reh, doch die Erinnerung daran bleibt erhalten. So führt die Künstlerin uns zu unseren eigenen kleinen Glücksmomenten hin – Erinnerungen werden wach.

Dabei spielt das keine Rolle, ob Mann oder Frau – auch wenn das Motiv Frau im Werk von Sylvia Catharina Hess überwiegt. Es ist auch die uralte Geschichte von Mann und Frau – finde dein Paradies – lass dir ruhig einen Apfel, einen Paradiesapfel auftischen.

Einige Arbeiten tragen autobiografische Züge. Doch das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist die Ruhe, ja fast eine Lässigkeit des Seins und die damit verbundene Kraft. Ja , carpe diem, nutze den Tag, erkenne und nutze den wahren kleinen Moment der Glückseligkeit. Er kann dir überall passieren. So sind in diesen Bildern die Menschen eins mit sich und ihrer Umwelt – eins mit sich und der Tierwelt. Verschmelzen geradezu mit den Formen und Farben ihrer Umgebung. Dabei meint man fast die Gedanken der Menschen in den Bildern lesen zu können: „Du kannst mir auftischen, was du willst – ich bleibe ich selbst.“

Alles wird gut, so will man meinen – wäre da nicht auch die Kehrseite – der kurze heftige Schicksalsmoment – kein hüpfendes Herz, sondern ein Stich ins Herz. Ein Aufschrei in Mark und Bein – Motive aus dem Syrienkrieg, Gewalt von Menschen auf der Straße oder in der Bar Paradiso (wie bezeichnend!), der Bar der großen Enttäuschung. So zeigt uns die Künstlerin auf, wie schnell das scheue Reh Glück in Schutt und Asche, in Tränen und Verzweiflung verfallen kann. Hier erleben wir auch eine ganz andere Farbigkeit – eben nicht zart und hell sondern Kontraste pur.

Dessen bewusst schaue ich wieder etwas wehmütig zu der zarten Farbigkeit, zum Paradiesapfel, der Harmonie zwischen Mensch und Tier und zack, schon spüre ich wieder, wofür es sich lohnt zu leben. Sylvia Catharina Hess zeigt es uns. Sie holt für uns das kleine Paradies „Glücksmoment“ auf Erden und konserviert diesen kleinen Zeitstrahl für uns auf Leinwand.

Nun geht an Sie, sehr verehrte Gäste. Machen Sie sich in einem Rundgang mit den Arbeiten vertraut. Dabei denken sie bitte noch daran, dass sie sich in einer Schmiede befinden. Denn Sie können getrost einen Plan schmieden, das eine oder andere Werk zu erwerben.

14. Juni 2019

Michael Kröger

Sylvia Catharina Hess: „Aufgetischt“

Eröffnungsrede zur gleichnamigen Ausstellung in der Galerie Avenida 17, Tazacorte, La Palma

Heute präsentieren wir zum zweiten Mal die deutsche Künstlerin Sylvia Catharina Hess, und das aus gutem Grund. Sie ist nämlich eine sehr vielseitige Malerin, überrascht immer wieder mit anderen Motiven und bleibt trotzdem ihrem Stil treu. Nach dem „Kanarischen Liederbuch“ in der letzten Ausstellung stellen wir heute Arbeiten aus dem Zyklus „Aufgetischt“ aus.

Und wir erleben Bilder, die – um es mit ihren eigenen Worten auszudrücken – einfach gemalt werden mussten. „Aufgetischt“ ist in zweierlei Hinsicht zu verstehen: real und verständlich wie z. B. ein Stillleben mit Obst und Gemüse auf einem Tisch ... aber „aufgetischt“ könnte auch bedeuten: jemandem etwas auftischen, ihm eine Geschichte erzählen, ob wahr oder nicht ganz wahr, bleibt offen.

Hinter vielen Bildern von Sylvia stecken Geschichten: literarische, mythologische, selbst erlebte oder fantasierte ... und immer gemalt mit oder nach einer intensiven gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Thema. Ihr ist es wichtig, dem Betrachter zwar eine Idee von ihrem ursprünglichen Motiv zu geben, aber sie möchte ihn nicht in diese Gedankenwelt pressen, sondern ihm Raum und Zeit lassen, eigene Assoziationen und Interpretationen zu entwickeln. Somit können die Bilder ein Eigenleben im Dialog mit dem Betrachter entwickeln. Die ursprüngliche Geschichte ist somit nur der Startpunkt für eine Reise in die Phantasie des Betrachters und der Einstieg in eine adäquate Bildsprache der Künstlerin. Beispielhaft möchte ich für dieses Bild (Keine Gabe für Derketó) den Ursprung beschreiben: Ausgangspunkt ist eine altsyrisch-phönizische Sage von der Fluss- und Wassergöttin Derketó. Sie verliebt sich in einen Mann, wird schwanger und gebiert ein Mädchen, die spätere Gründerin von Babylon. Derketó tötet ihren Geliebten und setzt das Kind in einer steinigen Einöde aus. Dann verwandelt sie sich in eine Nixe, weshalb ihrem Volk Fische heilig wurden und nicht gegessen werden durften.

Ich entlasse Euch mit diesen Anmerkungen in die künstlerische und geistige Welt einer durchaus im Hier und Jetzt aktiven Malerin. Fragt sie nach den Ursprüngen ihrer Bilder, nach ihren Gedanken und Entwicklungen und überlasst Euch trotzdem Eurer eigenen Phantasie.

Zur Orientierung möchte ich noch anmerken, dass im Lichtschacht Skizzenbilder hängen, die als Vorstufe für die großen Leinwandbilder gedient haben und die ebenfalls zu erwerben sind. Auch freuen wir uns über Einträge im Gästebuch, welches dort bereit liegt.

Tazacorte, 26. Januar 2018

Michael Kröger, Avenida 17 – Ort der schönen Künste, Tazacorte, La Palma

Rede für Sylvia Catharina Hess

Im Kontrast zu unseren letzten beiden Künstlern präsentieren wir heute eine Malerin, die uns einen ganz anderen Stil präsentiert. Dort wo Peter Hermans und Acenk Guerrra die einzelnen Farben scharf getrennt haben, treibt Sylvia Catharina Hess diese ineinander oder legt sie übereinander. Und es gibt trotzdem Gemeinsamkeiten. Alle drei eint, dass sie Landschaften und Sinneseindrücke aufnehmen, ins Unterbewusste verschieben und dann aus der Erinnerung und der Phantasie heraus ihre Bilder malen. Dies allerdings auf höchst unterschiedliche Weise:

Sylvia spürt beim Malen solche, wie sie es nennt, inneren Bildwelten auf, setzt sie in Seelenlandschaften um, die dann in ihren Bildern verarbeitet werden. Damit entstehen neue Bilderwelten, die real nichts mehr mit dem ursprünglichen Bild zu tun haben. Somit sind die entstandenen Bilder keine Abbilder einer tatsächlichen Landschaft oder eines realen Eindrucks, sondern eine Reise in ihre innere Welt, die Raum für eigene Phantasien lässt. Solche Bilder finden wir im Lichtschacht und sie repräsentieren eine frühere Schaffensperiode.

Aktuell haben wir eine veränderte und weiterentwickelte Sylvia Hess zu bewundern: Aus dem relativ neuen Leben auf La Palma und der Begegnung mit den lebensfrohen Menschen und ihren zahlreichen und unterschiedlichen Festen ist ein Bilderzyklus entstanden bzw. noch in Arbeit, der sich „Mein kanarisches Liederbuch“ nennt. Sie beginnt mit Fotografien oder Skizzen, die während oder kurz nach diesbezüglichen Fiestas entstehen. Die vor Ort gemachten Skizzen oder auch Fotografien werden in Zeichnungen transferiert, die in einem dritten Schritt zu einem gemalten Bild verarbeitet werden. Beispielhaft haben wir diese Zeichnungen an der rechten Wand dokumentiert, die nach dem letzten Mandelblütenfest in Puntagorda entstanden sind. Ihrer ursprünglichen Arbeitsweise folgend, entstehen auch an dieser Stelle keine Abbilder der Realität und damit keine Portraitmalerei. Die Personen verändern sich im Malprozess, reale und erfundene Figuren entstehen oder verschwinden und am Ende ergibt sich ein Bild, das ein Stück weit nur noch die Empfindung der Malerin beim Originalgeschehen wiedergibt, aber nichts mehr mit dem Originalbild zu tun hat. Sylvia sieht an dieser Stelle eine Gefahr, ins Volkstümliche, Naive oder sogar ins Kitschige abzugleiten. Ich denke hier an so manches Bild anderer Künstler vom weißen Karneval in Sta. Cruz. Sie vermeidet daher eine Zentralperspektive, real existierende Gebäudeelemente oder Strandmobiliar und verfremdet zusätzlich die Figuren mit collagenhaften Elementen. Eine dritte Gruppe Bilder haben wir hier rechts angeordnet, es sind Akte, die ebenfalls erst kürzlich entstanden sind.

Soweit die Einführung in diese Ausstellung, viel Spaß beim Betrachten, Genießen und der Auseinandersetzung mit den Bildern und deren Malerin. Große Kunst in kleinem Raum, eine weitere schöne Ausstellung hier bei uns in der Avenida 17 und ein weiterer kleiner Schritt, Tazacorte zur Kunsthauptstadt dieser Insel zu machen.

21. Januar 2016

La Palma Künstler: Die Malerin Sylvia Catharina Hess

„Der Mensch steht im Mittelpunkt meiner künstlerischen Auseinandersetzung“

Sylvia Catharina Hess schreibt Erzählungen, Kurzgeschichten und Gedichte, die oftmals von sagenhaften Begebenheiten handeln. Auch ihre Bilder, Skulpturen und Installationen wirken poetisch, hie und da sogar märchenhaft, sind aber nicht ohne kritischen Biss. Die Autorin und Malerin lebt rund die Hälfte des Jahres in La Punta auf der Kanareninsel La Palma... (weiterlesen)

Ingrid Jureit

Bildwerdungen

Das Werk der Künstlerin Sylvia Catharina Hess wird ganz wesentlich bestimmt durch Überlagerungen von ganz subjektiven Gedanken und Überlegungen zur Literatur. Diese Prägung ist ohne Frage dann umso schwieriger, wenn nicht nur Landschaft sondern auch der Mensch zur Darstellung kommt.

Eine solche Arbeitsweise stellt die Aussage und Wirklichkeit oft auf eine harte Probe, das gemalte Bild muss vom Thema auf das Wesentliche konzentriert werden, um es über die Farbe und Komposition als zusätzlichen wichtigen Ausdrucksträger im Bild einer völlig neuen Bedeutung zuzuführen. Dazu kommt, dass die üblichen Sehgewohnheiten dabei infrage gestellt werden, das Auge hat keinen Halt mehr in der Perspektive.

Keine leichte Aufgabe, wenn sich diese Begebenheiten teilweise im Weg stehen, weil die Künstlerin sich selbst - mit ihren eigenen in den Bildraum gestellten „Lebenssituationen“ -immer durch den Spiegel einer gedanklichen Korrektur zu den literarischen Vorlagen sieht. Ein Zurück zum Ursprung von Gedanken erfordert für die Künstlerin eine ungeheure Konsequenz, die nicht einfach nur auf vorgeprägte Zufälligkeiten setzt. Jede Änderung und sei sie noch so klein, ist oft ein folgenschwerer Schritt, der nicht so locker entsteht, wie es für den Betrachter den Anschein hat. Innerhalb der eigenen inneren Zerrissenheit ein nicht immer bewusst gesteuerter Vorgang, aber durchaus ein Zustand, der die Künstlerin immer wieder antreibt.

Sehen wir uns das Bild „Vierzehn“ an. Hier wird ein Lebensbogen gespannt vom kleinen Kind über die Heranwachsende zur ausgereiften Frau. Dabei trägt die Vierzehnjährige eine Augenbinde als Symbol für ihre gedankliche Blindheit in diesem Alter. Eine wichtige Metapher, die auch genau überlegt und gesteuert sein will, ebenso wie der Bogen, der sich im Bild nach rechts spannt und somit eine aussagekräftige Bedeutung erlangt.

In vielfältiger Kleinarbeit ist die Künstlerin immer wieder bereit Farben und Kompositionen zu verändern, die Bedeutung der Flächenbearbeitung sowie auch Spannungen in der Bildaufteilung zu erproben, um dadurch ausdrucksstärkere Überlegungen freizusetzen.

Alles an diesen Vorgängen ist unbequem, nichts ist einfach oder nur leicht, denn Kunst kann sich nicht mit der einfachen reinen Abbildung begnügen, sie braucht stetige Weiterentwicklung, immer wieder neue Überlegungen zum Bildraum, der Komposition, der Farbe und natürlich auch zum Inhalt einer ausgereiften Thematik.

Von unermüdlichem Ringen und Fleiß getrieben hat auf diese Art die Künstlerin Sylvia Catharina Hess innerhalb kürzester Zeit ihrer Arbeit eine eigene Prägung verliehen und dabei sehr viel bewegt.

Ingrid Jureit, Hofheim am Taunus Mai 2013

Auszug aus der Rede von Uwe Gilberg-Rindsfüßer zur Eröffnung der Ausstellung „Künstler sehen den Mittelrhein – 10 Jahre Weltkulturerbe Mittelrhein“ am 22. März 2012

[...] Die letzte Gruppe, die ich nennen will, ist – ich gestehe es freimütig – meine Lieblingsgruppe. Denn darin finden sich die Künstler, die sich mit dem Mittelrhein, seinem Mythos, ja der Geschichte der Rheinromantik insgesamt zunächst intellektuell auseinandergesetzt und diese Auseinandersetzung dann künstlerisch „umgesetzt“ haben. In einem solchen Prozess – dies weiß ich, obwohl selbst kein bildender Künstler, aus langjähriger Erfahrung – da sprüht der Geist Funken, da lacht das Herz des Künstlers und des Betrachters ebenso. Witz und Ironie sind da nicht selten, aber auch Nachdenklichkeit, Geheimnis und Rätselhaftigkeit tun sich beim Betrachten auf. Wer sich – nur als Beispiel – das Werk „Ach, Lore…“ von Sylvia Catharina Hess gleich hier vorne rechts von mir ansieht, und dabei an Brentanos Gedicht von der Lore Lay denkt, der kann ob der gut 200-jährigen Geschichte dieser tragischen Frauenfigur bis hin zu Helmut Dietls Film „Rossini oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ ins anregende Grübeln verfallen. Es macht stolz, dass dieses Bild eigens für diese Ausstellung geschaffen wurde.[...]

Ausstellung: Im Kreishaus werden neben Respektlosem und Rätselhaftem sogar Rheinkiesel präsentiert

Von unserem Redaktionsleiter Michael Stoll

Auszug:

[..] Bleiben wir noch bei der Malerei und in Bettendorf: „Ach, Lore“ nennt Sylvia Catharina Hess ihr auf den ersten Blick eher naives Bild, das aber bei genauerem Hinsehen Gesellschaftskritik pur ist:Das Mädchen mit dem Goldenen Kamm soll offenbar verurteilt oder verdammt werden, weil die lüsterne Begierde den Kirchenmann gepackt hat – die Loreley im Zeichen eines neuen Frauenbildes. [...]

aus: Rhein-Lahn-Zeitung, vom 12.04.2012

„Das gute Glück“ ist auf der Loreley zu finden

Ausstellung: Sylvia C. Hess zeigt gemeinsam mit sieben weiteren Künstlern Skulpturen und Installationen auf dem Kunst- und Literatur-Pfad

Von unserer Mitarbeiterin Carolina Küstermann

Loreley. Sylvia C. Hess leitet mit Petra Dutiné das Projekt Kunst- und Literatur-Pfad Loreley (KLP) und zeigt auf dem Rheinsteig zwischen St. Goarshausen und Bornich ihre Installation „Das gute Glück“. Die Künstlerinnen haben das Konzept im Jahr 2009 entwickelt und mithilfe des KULT-UR-INSTITUTs und des Kultursommers Rheinland-Pfalz sowie zahlreichen Sponsoren 2010 zum ersten Mal verwirklicht.

Sylvia C. Hess begeisterte sich bereits in der Schule für Kunst. Trotzdem studierte sie Germanistik und Politikwissenschaften und arbeitete 30 Jahre lang als Lehrerin und Methodentrainerin. Daneben blieb ihr die Kunst als Hobby. In ihrer Freizeit ließ sie sich von verschiedenen Künstlern ausbilden, bis sie sich schließlich 2007 entschloss, als freiberufliche Künstlerin tätig zu sein. Inspiration findet die 59-Jährige in literarischen Werken wie Shakespeares „Sommernachtstraum“. Ansonsten begeistern sie Farben und Licht, Landschaften oder Stimmungen. „Wenn ich eine Installation wie die am Kunst- und Literaturpfad Loreley erarbeite, lasse ich mich ganz auf den Platz ein, an dem sie später stehen soll.“ Sylvia C. Hess ergänzt: „Mein Ziel ist es eine Symbiose aus Naturraum und künstlerischer Aussage zu schaffen.“ Acht Monate arbeitete sie an ihrer Installation „Das gute Glück“. Es besteht aus 21 Teilen. Das Zentrum wird von einer 1,90 Meter hohen, blau bemalten Figur aus Stahlblech gebildet. Die Figur steht für das Individuum der Gegenwart und ist von dem Gedicht „Die blaue Blume“ von Joseph von Eichendorff inspiriert.

„Da wir häufig vor Ort sind, kommen wir immer wieder mit Spaziergängern ins Gespräch. Diese Gespräche sind ausgesprochen inspirierend und bestätigen in der Mehrzahl, dass wir mit dem KLP auf dem richtigen Weg sind“, sagt Sylvia C. Hess über ihr Projekt.

aus: Rhein-Lahn-Zeitung, vom 26.08.2011

Auszug aus der Laudatio zur Verleihung des 10. Nassauer Kulturpreises

„Kunst im freien Raum“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, normalerweise hält man eine Laudatio auf einen Preisträger. Ich möchte heute Abend jedoch gerne alle drei ausgezeichneten Werke und Preisträger würdigen, zumal sie auch relativ dicht in der Bewertung lagen. Außerdem möchte ich vorwiegend das jeweilige ausgezeichnete Werk, weniger die Person besprechen- und das ganz subjektiv. Das Werk beschreibt ja letztendlich den Künstler.

Nach dem Urteil der Jury habe ich mich mit viel Zeit kontemplativ mit den drei Werken auseinandergesetzt. Nach einer solchen Zeit schauender Versunkenheit erfolgt ein betrachtendes Erkennen, und damit ist einem das Kunstwerk auf einmal sehr nah und man nähert sich so dem Künstler -dem Macher- gleichermaßen an. Und es wird einem die Intention des Gestalters immer klarer- über die Wirkung des Werkes auf einen selbst.

[...]

Nun zu Silber, dem 2. Preis Zu der Installation „Traumpfad“ von Sylvia Catharina Hess

Frau Hess ist Zeichnerin, Malerin, arbeitet skulptural und schreibt, und sie schafft es, mit diesem Vermögen Installationen wie den „Traumpfad“ zu gestalten und dreidimensionale Räume zu erschließen.

Damit sich einem die Installation von Frau Hess umfassend erschließt, muss man sie durchschreiten, kreuz und quer gehen, die Texte lesen, stehen bleiben, die Augen auf Nah und Fern einstellen, sie sozusagen als Tele und Weitwinkel streifen lassen, und sich natürlich auf den Baumstumpf setzen und verharren, reflektieren, auf sich wirken lassen.

Den Einklang von den Texten der Gedichte mit den Stelen – den sich ergebenden Raum spüren, - verloren gehen.

Mit ihrer Installation hat Sylvia Catharina Hess Räume geschaffen, die unterschiedlichste Empfindungen auslösen, die reinziehen, die unter die Haut gehen. Man wird zur Reflexion animiert, wird entführt. Auch hier spielt das Umfeld - das Natürliche, das Gras, die Bäume, die Büsche, der Hang, das Licht- und Schattenspiel - eine unterstützende Rolle. So wirkt alles wie ein verzauberter Garten. Man wird Bestandteil, Fabelwesen haben sich um einen versammelt. Ihre unterschiedlichen Minen, Gesichter, Gestalten- sie beeinflussen. Man nimmt unwillkürlich Kontakt zu ihnen auf, den Wesen, Gnomen, Maskenmännern und Wächtern. Sie schauen mich an, sie sprechen zu mir über die Aphorismen und Gedichte. – Sie nehmen mich gefangen, machen mich befangen.

Dann lese ich „ Leben heißt ankommen und gehen.“ Als ich ging, war ich wie aufgewacht und seltsam berührt.

Danke, Sylvia, und herzlichen Glückwunsch zum 2. Preis.

[...]

Prof. Dieter Fröbisch 29. Oktober 2010